KommunikOS Kurzinterview: Felix Brinkschulte über die Gefahr von Fake News

Kaum ein Begriff wird momentan so populär benutzt, wie Fake News. Aber was versteht man eigentlich unter dem Begriff, wo sind die Gefahren, wie wird sich das Thema in Zukunft entwickeln und wie kann man derartige Täuschungen durchschauen?

Wir haben dazu mit Felix Brinkschulte gesprochen. Er ist Absolvent des Bachelorstudiengangs Kommunikationsmanagement an der Hochschule Osnabrück und schloss 2017 den Masterstudiengang Kommunikationswissenschaft an der Universität Münster ab. Seit Januar 2018 arbeitet er als wissenschaftlicher Mitarbeiter in der Nachwuchsforschungsgruppe „Demokratische Resilienz in Zeiten von Online-Propaganda, Fake News, Fear- und Hate Speech (DemoRESILdigital)“.

KommunikOS: Was verstehen Sie unter dem Begriff Fake News und warum glauben Sie wird er nun so populär genutzt?
Felix Brinkschulte: Zum einen wird der Begriff für ein breites Spektrum von falsch oder verzerrt dargestellten Informationen genutzt. Unter dieses Spektrum fallen sowohl unbeabsichtigte Fehlinformationen (z.B. die Präsentation schlecht recherchierter Informationen) als auch beabsichtigte Desinformationen (z.B. bewusst lancierte Propaganda). Zum anderen wird „Fake News“ in ein denunzierendes Label gegenüber jeglichen Inhalten und Akteure umformuliert, welche nicht in das eigene Weltbild passen oder dieses konterkarieren (Stichwort: „Lügenpresse“). Damit ist der Begriff „Fake News“ für mich in allererster Linie ein diffuser und inflationär genutzter Term. Im wissenschaftlichen Kontext sollte deshalb von einer Nutzung abgesehen und hinsichtlich feinerer Analysen auf bestehende Konzepte, wie etwa Desinformation oder Fehlinformation, zurückgegriffen werden. Auf der schnelllebigen Medienbühne und im politischen Tagesgeschäft bleibt häufig keine Zeit sich mit (unterstellt) falschen Nachrichten in einer differenzierten Form auseinanderzusetzen. Unter anderem deshalb ist der Begriff „Fake News“ spätestens seit der US Wahl 2016 zu einer Art Buzzword geworden und wird mittlerweile so populär genutzt.

Wo sehen Sie die Gefahren dieses Phänomens der Fake News im digitalen Zeitalter?
Konsequenterweise versuche ich den Begriff „Fake News“ zu vermeiden. Betrachtet man das Beispiel politischer Desinformationen (z.B., dass der Papst die Präsidentschaftswahl von Trump unterstützte), scheinen sich diese in unserer digitalisierten Alltagswelt sprunghaft zu verbreiten. Die Vielzahl an Angeboten im Netz macht es oft schwer die Glaubwürdigkeit bestimmter Quellen zu beurteilen. Vor allem dann, wenn uns Informationen nicht mehr beim Aufschlagen der Tageszeitung erreichen, sondern über Freunde und Familienmitglieder via Facebook oder WhatsApp. In einigen Fällen ist es schwer nachzuvollziehen woher letztere Informationen eigentlich stammen. Hinzu kommt, dass heutzutage potenziell jedermann, allerorts und zu jeder Zeit jegliche Medieninhalte digital erstellen, verbreiten und abrufen kann. Im digitalen Raum wird das journalistische Gatekeeping – die Kontrolle darüber welche Inhalte ein Massenpublikum erreichen – somit häufig umgangen. Diese erleichterten Zugänge können für die Verbreitung politischer Desinformation missbraucht werden. Populäre Desinformationen können dadurch im Netz sogar mehr Reichweite erzielen als traditionelle Medienangebote. Daraus entstehen Gefahren, welcher man sich als Mediennutzer bewusst sein sollte.

Wie sehen Sie die Entwicklung derartiger Täuschungen im Hinblick auf die Zukunft?
In Zukunft werden Täuschungen über reine Textformen hinaus gehen. Mit verschiedenen Tools können mittlerweile Fotos und Videos, sogar schon automatisiert und in Echtzeit, manipuliert werden. Hier spricht man von sogenannten „Deepfakes“. Beispielsweise machen Forscher in verschiedenen Videos darauf aufmerksam, dass sie auf Grundlage von frei verfügbarem Videomaterial in der Lage sind, die Mimik von Obama oder Putin in Echtzeit zu imitieren bzw. zu steuern. Solche Entwicklungen stellen die Gesellschaft vor große Herausforderungen, da es in naher Zukunft verhältnismäßig einfach werden wird, neben statischem Text- und Bildmaterial auch dynamische Videosequenzen zu manipulieren.

Was kann man selbst machen, um derartige Täuschungen zu durchschauen?
Man sollte die Digitalisierung als Chance zur Bekämpfung von Desinformationen begreifen. Jegliche Information können durch einfache Online-Recherchen überprüft werden. Angefangen bei der Überprüfung des Impressums auf den Webseiten, welche man besucht, bis hin zur einfachen Eingabe von Autoren, Zitaten, Fotos oder Videos in die gängigen Suchmaschinen. Ein kritischer Blick bietet viele Möglichkeiten selbst aktiv zu werden und falschen Informationen auf die Spur zu kommen.

Das Interview führte Torben Krüper.

Bildquelle: © IfK