Lingen (Ems), 21. Juni 2019 – Die Gesellschaft der führenden PR- und Kommunikationsagenturen in Deutschland (GPRA) setzte die vom „PR-Journal“ initiierte Roadshow zur Nachwuchsdebatte am Dienstag, den 11. Juni, in Lingen fort. Das Thema „Wertigkeit des Traineeships in Agenturen“ stand zwischen unseren Studierenden des Vereins und den GPRA-Agenturvertretern zur Diskussion.
Neben Christiane Schulz, Präsidentin der GPRA, und Thomas Dillmann, Chefredakteur vom PR-Journal, stellten sich vier Agenturvertreter den Fragen unserer Mitglieder: Martin Bennung, Content Strategist bei Havas PR Germany, Lena Höltkemeier, Junior Berater PR & Events bei Insignis, Felix Ebeling, PR Berater bei Faktor 3 und Carina Bogus, Junior Consultant bei Orca van Loon.
Die Grundlage der Diskussion schafften drei kurze inhaltliche Inputs von Thomas Dillmann, Christiane Schulz und unserem Vorsitzenden Eike Dalhoff. Dillmann präsentierte die Ergebnisse einer aktuellen Studie von der Ostfalia Hochschule. Diese zeigt, dass Agenturen für viele Studierende zwar eine ernsthafte Option sind, den Erwartungen der Studierenden genügen Agenturen jedoch nicht. In diesem Zusammenhang forderte er von der GPRA, sich den kritischen Fragen der Studierenden zu stellen. Anschließend richtete er sich an die Studierenden und sprach sich für mehr Gelassenheit sich selbst und etwas Demut dem Arbeitgeber gegenüber aus.
Schulz griff nachfolgend den oft diskutierten Kommentar zum „Wert von Berufseinsteigern“ auf und erläuterte, dass Absolventen zwar Experten, aber noch keine Berater seien. „Der Experte erklärt, worum es geht“, so Schulz. „Der Berater wiederum hört erst einmal zu und stellt Fragen, um das Thema richtig zu verstehen. Für die Beratung braucht er das Vertrauen des Kunden und auch den Mut, einmal Nein zu sagen.“
Nach dem Rückblick auf den Kommentar, lieferte Eike Dalhoff den Input von Studierenden bzw. Vereins-Seite. Er gab der Diskussion das Motto „Es ist alles gesagt – Also lasst uns reden“, da in den letzten Jahren sowie in den bisherigen Diskussionen der Roadshow grundsätzlich auf Agentur- wie auch auf Studierenden-Seite bereits alle Argumente für oder gegen ein Traineeship hervorgebracht wurden. Aus diesem Grund sollte die GPRA aus unserer Sicht nun aktiv werden und anfangen, das Besprochene in Taten umzusetzen.
Der Grundtenor der Agenturvertreter war, vor allem die Potentiale und Chancen eines Traineeships oder Volontariats zu sehen und zu nutzen. „Ich hatte ein falsches Bild vom Volontariat“, erzählte Bennung. „Rückblickend hätte ich viel mehr einfordern sollen. Ich dachte nur, ich „müsse da schnell durch“. Aber es geht vielmehr um Mikro-Disziplinen, um das Sich-Selbst-Finden und das Eingewöhnen in die Rolle.“ Wir Studierenden bezweifeln, dass dieser Umstand immer eine zusätzliche Ausbildung begründet. Aus unserer Sicht ist es ein völlig normaler Onboarding-Prozess in jedem Beruf, dass Berufseinsteiger ihre Kollegen in den ersten Wochen nach Hilfe fragen und sich zunächst eingewöhnen müssen.
Was wir als Absolventen aber in jedem Fall schon mitbringen, ist reichlich Praxiserfahrung: Eine vereinsinterne Befragung hat gezeigt, dass unsere abschlussnahen Mitglieder, also im 6. Bachelorsemester oder Master, im Durchschnitt über ein Jahr Vollzeit-Berufserfahrung aus Praktika, Werkstudenten- und selbstständigen Tätigkeiten mitbringen, die höchst individuell ist. Und wir haben in der Diskussion gefordert, dass diese individuellen Fähigkeiten beim Berufseinstieg berücksichtigt werden.
Ebeling verglich in diesem Zusammenhang das Traineeship mit der Junior-Position, da die Arbeit mit dem Kunden noch einmal eine andere Herausforderung sei. Er kam dabei auf das Thema der Drucksituationen zu sprechen und brachte an: „Besonders bei hierarchisch geprägten Kunden ist der Druck viel höher und dann sehnt man sich nach dem Welpenschutz der Einstiegszeit.“ Daraufhin fragte unser Vorstandsmitglied Nino Ostheim, ob es diesen Welpenschutz wirklich gebe und ob das den Kunden gegenüber auch immer so transparent kommuniziert würde. Sind in der gesamten Debatte nicht auch die Personaler gefragt, detailliert die jeweiligen Qualifikationen und Praxiserfahrungen der Bewerber zu betrachten, da auch Studierende desselben Faches oft ganz individuelle Befähigungen mitbringen? Wir finden ja! Ostheim ging zudem auf die von Dillmann geforderte Demut ein und appellierte diese in einem Bewerbungsprozess ebenso reflektiert und dosiert an den Tag zu legen, wie auch den Mut. Man solle sich als Anwärter auf einen Job nicht überschätzen und gleichwohl seinen eigenen Kenntnissen einen Wert zusprechen dürfen.
Schulz erkannte abschließend an, dass sich die Diskussion um das Traineeship festgefahren habe. Während der Roadshow sei ihr bewusst geworden, dass die GPRA es versäumt habe, zu kommunizieren, welche Einstiegsmöglichkeiten es abgesehen vom Traineeship in den Agenturen noch gibt. Sie betonte, „dass wenn man der Meinung ist, den Anforderungen der Agentur an eine Junior-Position gewachsen zu sein, dann sollte man sich auch auf diese Stelle bewerben.“ Das Traineeship sei lediglich ein Weg, der für viele Absolventen sinnvoll sei. Duale Studiengänge oder Direkteinstiege sind jedoch weitere Möglichkeiten. Die GPRA hat uns in der Debatte versichert, dass ein Direkteinstieg nach individuellen Vorkenntnissen grundsätzlich möglich ist.
Wir von KommunikOS nehmen daher mit, dass der Einstieg in die Agentur über ein Traineeship nicht für jeden von uns gleichermaßen in Stein gemeißelt ist: Durch die eigenen Fähigkeiten, Qualifikationen und den Mut, in Bewerbungsgesprächen etwas auszuhandeln, ist ein individueller Berufseinstieg möglich – unabhängig davon, wie die erste Position letztendlich genannt wird.
Wir wünschen uns, dass die Absolventen, die praxiserprobt sind und sich eine Beraterposition zutrauen, das Zugeständnis der GPRA als Startschuss sehen, ihren Wert in Bewerbungsgesprächen beherzter anzusprechen und einzufordern. Ebenso wünschenswert wäre es, wenn auf der anderen Seite die GPRA-Agenturen ihre nun ausdrücklich betonte Flexibilität beim Berufseinstieg öfter und von sich aus unter Beweis stellen würden.