360-Grad-Videos und Virtual Reality – immersive Medien in der Unternehmenskommunikation

von Yannik Döpke

Unter einer Headline, mit der Jonas gleich wieder ein Buzzword des Monats füttern könnte, soll hier ein aktueller Trend in der Kommunikationsbranche beleuchtet werden, der vielleicht auch gar keiner mehr ist. Sogenannte „immersive Medien“ wie Virtual Reality und 360-Grad-Videos, die es dem Nutzer ermöglichen, intensiv in eine andere Welt einzutauchen, haben besonders in den vergangenen fünf Jahren einen großen Hype durchlebt. In meiner Bachelorarbeit habe ich mich in den letzten Monaten ausführlich mit diesen neuen Techniken und vor allem mit den Chancen von 360-Grad-Bewegtbild für die PR-Arbeit von Unternehmen beschäftigt.

Von den Anfängen bis zum Hype und zurück

360-Grad-Konzert-Livestreams bei den Telekom Street Gigs, Imagefilme für die Fallschirmjäger bei der Bundeswehr und die neue Boeing 777 im Einsatz bei der Swiss Air, eine Auschwitz-Dokumentation oder eine virtuelle Autofahrt durch einen Sandkasten – es gibt bereits zahlreiche Anwendungsbeispiele aus dem Kommunikationsbereich. Dabei ist Virtual Reality ganz und gar nicht neu, wenn man bedenkt, dass die erste funktionsfähige VR-Brille bereits im Jahr 1968 vorgestellt wurde. Die technische Entwicklung hat allerdings besonders seit 2012 mit der Ankündigung der VR-Brille Oculus Rift einen riesigen Sprung gemacht.

“Virtual reality was once the dream of science fiction. But the internet was also once a dream, and so were computers and smartphones.”
Facebook-CEO Marc Zuckerberg bei der Übernahme der Firma Oculus im Jahr 2014

Der Hype ist vorbei, und nun?

Daraus hat sich in der Zwischenzeit ein großer VR-Hype entwickelt, der aber nun weitestgehend abgeflacht ist (siehe Gartner Hype Cycle 2017). Auf der anderen Seite hat sich parallel eine 360-Grad-Kameratechnik entwickelt, die mittlerweile Aufnahmen in sehr hoher Qualität ermöglicht. Zudem sind auch im unteren Preissegment bereits Produkte auf dem Markt, die selbst Anfänger schnell und einfach Rundum-Videos erzeugen lässt, die sie anschließend direkt von der Kamera über soziale Netzwerke veröffentlichen können. Das Anschauen solcher Videos auf Facebook und YouTube ist für den Anwender kinderleicht. Und mit den Cardboards, in die fast jedes Smartphone eingesteckt werden kann, hat sich sogar eine kostengünstige Alternative zur teuren VR-Brille für jedermann etabliert.

Vorteile müssen genutzt werden

Dass 360-Grad-Filme nun nicht mehr „das große Ding“ sind, heißt allerdings nicht, dass sie in Zukunft überhaupt keine Rolle mehr spielen. Ein zurückgehender Hype kann auch ein Indiz dafür sein, dass sich nun abseits der öffentlichen Wahrnehmung intensiver mit den Anwendungsmöglichkeiten beschäftigt wird. Dabei ist der größte Nutzen klar und nicht von der Hand zu weisen: Immersion, also das starke emotionale Erlebnis beim Eintauchen in eine virtuelle Umgebung. Dies ist unter anderem möglich, weil der Zuschauer sich voll auf das Video einlassen kann, ohne dabei abgelenkt zu werden. Zudem wird ihm suggeriert, dass es sich wirklich an einem anderen Ort befindet. Aber Fakt ist auch: In vielen zuletzt produzierten Rundum-Videos von Unternehmen wird dieser Vorteil nicht voll genutzt. Denn es bleibt die Frage, wie inhaltlich mit VR und 360 Grad im Unternehmenskontext umzugehen ist. Welche Geschichten können diese Medien erzählen? Welche Themen eignen sich? Und wie können Unternehmen die neuen Möglichkeiten strategisch in ihre Kommunikation implementieren?

Mehrwert für die Unternehmenskommunikation

Ein großes Plus von immersiven Medien besteht in der Vermittlung einer stark ausgeprägten Nähe zum Rezipienten, über die sich hervorragend PR-Botschaften unterschwellig vermitteln lassen. Angewendet in der Produktkommunikation, als Dokumentationen und bei Erlebnissen oder zum Zeigen besonderer Orte spielen sie ihre Stärken aus. Um die Technik richtig anzuwenden, sollten Unternehmen aber nicht einfach drauf los produzieren, sondern sich gründlich im Vorfeld (unterstützt durch Experten von Agenturen und Produktionsfirmen) damit beschäftigen und die Besonderheiten des Mediums beachten. Eine entscheidende Rolle für den Erfolg von 360-Grad-Videos und Virtual Reality nimmt Storytelling ein, das zurzeit noch viel zu selten für diese Art von Filmen genutzt wird. Aber Hand aufs Herz: Lassen sich auf eine bessere Weise Storys erzählen als mit Medienformaten, von denen der Zuschauer selbst ein Teil sein kann?

„Unser Unternehmen ist innovativ“ als Meta-Botschaft

Ein häufig unterschätztes, aber für manche Unternehmen entscheidendes Argument für den Einsatz von Rundum-Medien wurde bisher aber noch gar nicht benannt und wird auch sonst sehr oft in der Diskussion ausgeblendet: Der Nebeneffekt, dass ein Unternehmen hiermit zeigen kann, aufgeschlossen für Neues zu sein. Die Darstellung als innovativer Technik-Vorreiter ist besonders für Unternehmen interessant, die von technologischen Entwicklungen leben. Daran angelehnt lässt sich die Hauptzielgruppe von 360-Grad-Videos und Virtual Reality als ein technikaffines Publikum definieren, das sich regelmäßig über neue Technologien informiert und diese gerne testet – dazu gehören zum Beispiel auch VR-Brillen.

Fazit: Ein gezielter Einsatz kann sich lohnen

Zwar ist die Produktion nicht ganz günstig, dennoch sollte nicht vergessen werden, welche Vorteile mit immersiven Medieninhalten einhergehen. Es ist davon auszugehen, dass sie in der Unternehmenskommunikation durchaus eine Daseinsberechtigung haben. Ein Allheilsbringer ist damit aber nicht geboren. 360-Grad-Bewegtbild und Virtual Reality werden sich weiterentwickeln und zukünftig in die Reihe der gängigen Instrumente für die Kommunikationsarbeit einordnen, die bei geeigneten Projekten immer mal wieder ihre Anwendung finden.