Employer Branding: Nur ein Trend, der demnächst wieder abschwächt oder eine notwendige strategische Unternehmensentscheidung? Im klassischen Sinne ist Employer Branding nichts anderes als die Schaffung einer Arbeitgebermarke. Doch hinter diesem Begriff steckt einiges mehr. Gerade für Kommunikationsmanager*innen sollte der Begriff Employer Branding heutzutage kein Fremdwort mehr sein. Annika Bollen, Leiterin Employer Branding bei Westpress, hat uns einen kleinen Einblick in das Thema geben.
KommunikOS: Hallo Annika, gib uns doch einmal einen kleinen Einblick in deine Aufgabenbereiche bei Westpress. Was genau sind deine Tätigkeiten als Leiterin des Employer Brandings?
Annika Bollen: In meiner Position verantworte ich seit 2018 die strategische Weiterentwicklung des Unternehmensbereiches Employer Branding sowie die operative Durchführung von Kundenprojekten. Im Employer Branding unterstützen wir Kund*innen, ihre Arbeitgebermarke zu entwickeln, zu implementieren und zu kommunizieren. Im ersten Schritt analysieren wir, was die Unternehmen unserer Kund*innen jeweils auszeichnet, für welche Werte die Arbeitgeber*innen einstehen und was den Mitarbeitenden dort gut gefällt. Auf Basis dieser Analyse wird so eine individuelle Kommunikationsstrategie erarbeitet, um für aktuelle, ehemalige und zukünftige Talente Identifikationsangebote zu bieten.
Ich muss sagen, dass dieses Zusammenspiel aus kreativer Arbeit und Marketing im Personalmanagement mich Tag für Tag fasziniert.
Employer Branding ist definitiv ein vielfältiger Bereich. Doch wie würdest du Employer Branding in fünf Wörtern beschreiben?
Entwickeln authentischer Arbeitgebermarken mit Identifikationspotenzial.
Wie wichtig ist es heute als Arbeitgeber*in seine eigene Marke zu schaffen?
Vorstellungsbilder über ein Unternehmen bzw. Assoziationen mit einem Unternehmen als Arbeitgeber*in bilden sich bei den Ziel- und Dialoggruppen ganz automatisch. Da müssen sich Unternehmen gar nicht groß bemühen. Sie können jedoch aktiv an ihrer (Arbeitgeber-)Marke arbeiten, um diffuse, unrealistische oder negative Assoziationen zu vermeiden und um als attraktive*r Arbeitgeber*in wahrgenommen zu werden.
Mein Tipp lautet ganz klar: Unternehmen sollten den Prozess der Markenentwicklung aktiv steuern, statt sich nur mit den (negativen) Auswirkungen, wie beispielsweise Problemen bei der Personalgewinnung, auseinanderzusetzen. Dabei ist vor allem wichtig, dass die Ziel- und Dialoggruppen bestimmen, was das Unternehmen als attraktiven Arbeitgeber ausmacht – nicht die Chefetage.
Insbesondere mit Bezug auf die Corona-Pandemie ist es wichtig, sich als Unternehmen seiner Mitarbeitenden mitsamt der gelebten Werte und Unternehmenskultur bewusst zu werden. Viele Arbeitgeber*innen sind derzeit in einer Bewährungsprobe. Die Mitarbeitenden sind die Leistungsträger*innen des Unternehmens, welche die interne Kommunikation aufrechterhalten und im Idealfall als Markenbotschafter*innen nach außen auftreten. Vergangene Krisen, wie beispielsweise die Finanzkrise, haben bereits gezeigt, dass Beschäftigte abwandern, wenn das Management falsche Prioritäten gesetzt hat. Unternehmen müssen ihren Mitarbeitenden Orientierung und Halt bieten, um gemeinsam die schwierigen Zeiten zu meistern und die Zukunft zu gestalten. Wenn dieses Potenzial genutzt wird, können sie sogar gestärkt aus der Krise hervorgehen.
Immer häufiger tritt in unserem Alltag der Begriff Employer Branding auf. Gerade in den letzten Jahren beschäftigen sich immer mehr Arbeitgeber*innen mit diesem Bereich und ziehen Agenturen zur Unterstützung hinzu. Würdest du sagen, dass Employer Branding zu einem neuen Trend geworden ist?
Employer Branding ist kein Trend. Vielmehr ist es eine notwendige strategische Unternehmensentscheidung im Sinne des ganzheitlichen Personalmanagements. Als Trend wird es womöglich wahrgenommen, weil immer mehr Unternehmen – auch kleinere und mittelständische – den Mehrwert von Employer Branding und einer starken Arbeitgebermarke erkennen und diese Themen nunmehr aktiv fokussieren sowie angehen.
Es ist also kein neues Thema. Tatsächlich tauchte der Begriff schon 1996 das erste Mal in der Fachliteratur auf. Es ist aber eines, das in Zeiten wie diesen stetig an Bedeutung gewinnt.
Bei uns liegt natürlich als angehende Kommunikationsmanger*innen der Fokus auf der strategischen Kommunikation. Wie wichtig ist dieser Bereich denn im Employer Branding?
Employer Branding ist Strategie und Kommunikation. Nicht nur extern mit dem Ziel der Personalgewinnung oder Positionierung, sondern insbesondere intern – mit den Zielsetzungen der Mitarbeiterbindung oder Leistungssteigerung. Die schlussendlich auch den positiven Effekt der Kostensenkung nach sich ziehen.
Eine gute Kommunikation ist von Anfang an elementar. Die Mitarbeitenden müssen emotional abgeholt, vom Mehrwert überzeugt und begeistert werden, damit sie aktiv an der Entwicklung mitwirken (möchten) und darüber kommunizieren. Die Prozesse sollten transparent sein, regelmäßig in das Gesamtunternehmen getragen und ebenso evaluiert werden. All dies geschieht, schon lange bevor wir überhaupt über die externe Kommunikation nach außen sprechen. Dort können dann wertvolle Synergieeffekte genutzt werden.
Vergessen wir nicht: Die aktuellen Mitarbeitenden des Unternehmens sind die authentischsten und stärksten Markenbotschafter*innen, die man sich wünschen kann. Diese Kommunikation sollte durch zielgerichtete Maßnahmen mit starken und realistischen Botschaften ergänzt werden – um die Ziel- und Dialoggruppen anzusprechen, die erreicht werden sollen.
Was würdest du angehenden Kommunikationsmanager*innen, die sich in dem Bereich Employer Branding spezialisieren möchten, mit auf dem Weg geben?
Employer Branding ist aufgrund seiner zahlreichen Einflussbereiche ein so vielseitiges und spannendes Arbeitsfeld. Es geht um Marken, Mitarbeiterzufriedenheit, Arbeits- und Organisationspsychologie, kreative Medienarbeit sowie ganzheitliches Personalmanagement. Die Entwicklung einer Arbeitgebermarke ist nur ein Bestandteil. Dann folgen die stetige Validierung der Kernmerkmale sowie im Rahmen des Markenmanagements die kontinuierliche Weiterentwicklung und Fortführung. Ihr habt die Chance, die Mitarbeiter*innen-Zufriedenheit in Unternehmen aktiv zu erhöhen und das Personalmanagement der Unternehmen zu optimieren. Für mich steht fest, dass ich mich jederzeit wieder für diesen Weg entscheiden würde.
Das Interview wurde geführt von Kristin Aufenvenne