»Local Freedom Within a Global Framework« – Drei Sichtweisen auf Internationale Unternehmenskommunikation

Am 9. Oktober 2023 fand das siebte Young PR Pros meet-up der DPRG und norddeutscher PR-Studierendenvereine statt. 35 Interessierte nahmen an der Online-Veranstaltung zum Thema “Corporate Communications Without Borders” teil – passenderweise waren darunter auch Studierende im Auslandssemester in Skandinavien.

Kommunikation über Grenzen hinweg, aber nicht frei von Grenzen

Den Anfang machte die Dänin Mari-Louise Lysdahl Paulsen. Sie ist bei Lidl Dänemark für das Employer Branding verantwortlich. In dieser Funktion arbeitet sie zwar eng mit dem deutschen Hauptsitz zusammen, hat aber auch Spielraum, um selbst Botschaften und Konzepte zu erarbeiten. “Freedom within a framework” nennt sie das. Das “Framework” umfasst in dem Zusammenhang Dinge wie das Corporate Design, aber auch die zentralen Werte und Aussagen von Lidl sollen über Grenzen hinweg gleich wahrgenommen werden.

Dass Mari-Luise dennoch nicht einfach die deutschen Kommunikationsinhalte übersetzen kann, zeigt sich an einem Formulierungs-Beispiel: “Verdensklasse”, der dänische Begriff für “Weltklasse”, ist beispielsweise im Dänischen ein Wort, das junge Leute durchaus in ihrem Sprachgebrauch haben und mit dem sie sich im Employer Branding angesprochen fühlen – im Deutschen so nicht übertragbar. Und natürlich werden die lokalen Kampagnen an die jeweils vor Ort gesuchten Fachkräfte angepasst.

Internationale Krisenkommunikation findet vor der Krise statt

Melanie Kamann berichtete von ihren Erfahrungen von der anderen Seite dieser Dynamik, also von der Arbeit in der Zentrale eines globalen Konzerns. Als Head of Communications bei Dräger ist sie vom Hauptsitz des global aktiven Unternehmens aus dafür verantwortlich, die Kommunikation grenzübergreifend zu koordinieren. Speziell in der Krisenkommunikation ist das eine gewaltige Aufgabe. Hier potenziert sich der Grundsatz, der auch für rein national tätige Unternehmen gilt: Vorbereitung ist alles.

Bevor überhaupt eine Krise eintritt, ist Melanie in der internationalen Kommunikation also vor allem damit befasst, sowohl Vertrauen aufzubauen als auch Strukturen zu schaffen, mit denen die Kommunikationsverantwortlichen anderer Länder gut arbeiten können. Auch hier hat Freiheit aber ihre Grenzen: Gerade in der Krisenkommunikation ist es wichtig, mit einheitlicher Stimme zu sprechen, Fakten wiederzugeben und die Wahrheit zu sagen. Deswegen gibt es konkrete Regeln für die Krisenkommunikation. So laufen zum Beispiel Presse-Statements der ganzen Welt immer noch einmal bei Melanies Team über den Schreibtisch, bevor sie an die Kolleg:innen der Medien gehen.

Glocal Communications als goldener Mittelweg

Den Abschluss machte schließlich Daniel Hohn. Er ist Leiter des Bereichs Engagement & Kommunikation für den Smart Workspace bei der DHL Group. In dieser Position ist es seine Aufgabe, die fast 600.000 Mitarbeitenden der DHL-Gruppe zu motivieren, die verschiedenen Angebote des Unternehmens für digitale Zusammenarbeit zu nutzen und ihnen in über 70 Sprachen zu erklären, wie sie funktionieren. Dabei verfolgt er mit seinem Team einen “glocal”-Ansatz: Seine Kampagne hat Elemente, für die im Wesentlichen sein Team verantwortlich ist und die weltweit für alle Mitarbeitenden ungefähr gleich sind. Zusätzlich sieht die Strategie aber auch Blöcke vor, die von den Kommunikationsteams verschiedener Länder ausgefüllt werden. Für sie gibt es Zielsetzungen, Vorschläge und Vorlagen. Wie diese kombiniert und gestaltet werden, liegt dann an den jeweiligen lokal verantwortlichen Teams.

Die interne Kommunikation in verschiedenen Ländern bringt für ihn viele Aspekte mit, die es zu beachten gilt. Ein ganz praktisches Beispiel: Deutschland hebt sich unter anderem durch den Kommunikationskanal (und den Digitalisierungsgrad) von anderen Ländern ab – hier werden Informationen an die Mitarbeitenden häufig per Brief verschickt. Wichtig zu beachten, wenn die globale Kommunikation sonst vor allem digital verläuft.

In der Sache verschieden, im Ansatz geeint

Das verbindende Element für internationale Kommunikation in seinen unterschiedlichen Facetten: Botschaften und Maßnahmen lokal anpassen innerhalb eines konzernweiten Standards, auf kulturelle Unterschiede achten und sowohl flexibel als auch beweglich bleiben.

Auch das siebte Young PR Pros meet-up war wieder geprägt von aufmerksamen Zuhörer:innen, klugen Fragen und sehr engagierten Vortragenden. Falls ihr dieses Mal nicht dabei sein konntet, ist das kein Problem: Wir arbeiten hinter den Kulissen bereits an der achten Edition des Young PR Pros meet-up im Frühjahr 2024. Von den Teilnehmenden kamen schon einige Vorschläge für das Thema des nächsten Termins – nehmt aber gern mit uns Kontakt auf, wenn es einen inhaltlichen Schwerpunkt gibt, der euch besonders interessiert!

In jeweils rund 20-minütigen Vorträgen berichteten Mari-Louise Lysdahl Paulsen (Lidl Dänemark), Melanie Kamann (Dräger) und Daniel Hohn (DHL Group) auf Englisch von ihren Erfahrungen im Bereich internationale Kommunikation, allerdings aus ganz verschiedenen Perspektiven. Im Anschluss hatten die Teilnehmenden auch diesmal die Gelegenheit, den Vortragenden Fragen zu stellen, sich untereinander kennenzulernen und Anliegen über das Event-Thema hinaus anzusprechen. Von einer Sprachbarriere war nichts zu spüren.


Der Text wurde verfasst von Tim Hinz, Beisitzer im Vorstand der DPRG-Landesgruppe Norddeutschland